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Deutsche Firmen erneut im Fokus von Menschenrechtlern

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Die Zustände, unter denen viele Menschen in Drittweltländern arbeiten müssen, sind zum Teil grauenerregend, daran hat auch die aktuelle Wirtschaftskrise nichts geändert. Im Gegenteil: der Wettbewerb unter den Textilfabrikanten in China, Bangladesch oder der Türkei ist noch härter geworden,

und Menschenrechtler beklagen wieder vermehrt grobe Verstöße gegen die sowieso schon recht niedrigen Sozialstandards.

Dabei stehen längst nicht nur Discounter in der Kritik der Aktivisten, auch italienischen Luxuslabels, großen Modeketten und Versandhäusern wird in regelmäßigen Abständen vorgeworfen, bei der Wahl und Kontrolle ihrer Fabrikanten und Zulieferer oftmals nicht ganz so genau hinzusehen und für einen niedrigen Einkaufspreis auch Verstöße gegen das Arbeitsrecht stillschweigend zu dulden. Seit ein paar Tagen stehen nun Metro, Otto und Ikea am Pranger. Ihnen werfen diverse Organisationen wie das Inkota-Netzwerk und die Christliche Initiative Romero (CIR) vor, sich nicht um die Belange der Arbeiter zu kümmern, die in den entsprechenden Zulieferbetrieben unter viel zu harten Bedingungen schuften müssen.

Den Metro-Konzern und seinen Chef Eckhard Cordes erwischten die Aktivisten von Romero auf der Aktionärsversammlung am vergangenen Mittwoch. Vertreter der Kampagne für Saubere Kleidung konfrontierten Vorstand und Aufsichtsrat mit dem Vorwurf von „massiven Arbeitsrechtsverletzungen“, die in der Fabrik R.L. Denim in Bangladesch stattfinden sollen. „NäherInnen müssen für einen Hungerlohn bis zu 97 Stunden in der Woche arbeiten: Dies überschreitet die von der Regierung Bangladesch festgelegte maximale Überstundenzahl um 425 Prozent,“ so Sandra Dusch Silva von der CIR. Nun wolle Metro-Chef Cordes die Fabrik R.L. Denim von der Lieferantenliste zu streichen, was nach Meinung der CIR zwar dem Image des Unternehmens, nicht jedoch den Betroffenen vor Ort zugute komm. „Dies ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der ArbeiterInnen und ein neuerlicher Bruch des Metro Verhaltenskodex,“ so der CIR-Mann Maik Pflaum. Erst beute man die ArbeiterInnen jahrelang gnadenlos aus, „und wenn es jemand mitbekommt, flieht Metro aus der Fabrik.“ Die Organisation gibt sich daher kämpferisch und kündigte an, „nicht locker zu lassen, bis Metro wieder in R.L. Denim produzieren lässt - unter menschenwürdigen Bedingungen.“

Kampferprobt und kritisch zeigt sich seit geraumer Zeit auch das Inkota-Netzwerk, das immer wieder mit spektakulären Aktionen für seine „Kampagne für Saubere Kleidung“ für Furore sorgt. Diese Organisation hat aktuell das Einrichtungshaus Ikea, das Versandhaus Otto und das Textilunternehmen Ibena auf dem Kieker, wirft den Firmen Teilnahmslosigkeit bei „systematischen Arbeitsrechtsverletzungen“ in der Zuliefererfabrik Menderes Tekstil im türkischen Denzili vor. Aufgrund von Sicherheitsmängeln sei es in den letzten Jahren zu zahlreichen Unfällen in der Fabrik gekommen, so Inkota-Vertreter. Die Menderes Tekstil Geschäftsführung behindere zudem Gewerkschaftsaktivitäten und gehe gezielt gegen Arbeitnehmervertreter vor.

Zudem will das Netzwerk erfahren haben, dass Ikea, Otto und Ibena schon vor Monaten von den Verstößen in der Fabrik in Kenntnis gesetzt worden seien, ohne darauf zu reagieren. Alle internationalen Einkäufer der betroffenen Textilfabrik, zu denen neben den bereits genannten auch das deutsche Textilhaus Horizonte Textil GmbH, die französische Gruppe Carrefour sowie die amerikanischen Unternehmen Wal-Mart, Kohl's und Target zählen sollen, seien von Inkota informiert worden, so die Aktivisten. „Wir haben alle Einkäufer kontaktiert, um die Konflikte in einem Dialog zu lösen,“ so Inkota-Pressesprecherin Julia Thimm. Allerdings hätten diese die Verstöße entweder abgestritten oder weitere Untersuchungen gefordert, jedoch keine konkreten Schritte zur Beendigung der Arbeitsrechtsverletzungen eingeleitet.

Foto: Christliche Initiative Romero e.V.