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Online-Handel: Stottert der Wachstumsmotor?

Von DPA

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Einzelhandel

Der E-Commerce-Boom hat den Handel in Deutschland gravierend verändert. Lange Zeit schien den Online-Händlern die Zukunft zu gehören. Doch plötzlich gibt es Signale für eine Wachstumsschwäche der Boom-Branche. Nicht jeder mag daran glauben.

Für den Online-Handel in Deutschland schien es lange Zeit nur eine Richtung zu geben: steil aufwärts. Egal ob es um Textilien, Bücher oder Elektronikartikel ging, die Branche schockte die ​"​ klassischen Händler ​"​in ihren Ladengeschäften mit zweistelligen Zuwachsraten. Doch in diesem Jahr häufen sich die Meldungen über eine geradezu dramatische Abschwächung der Wachstumsraten im E-Commerce. Gerät der Wachstumsmotor ins Stocken?

Wichtigster Zeuge für eine Abschwächung des Online-Booms ist der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel in Deutschland (bevh). Für das Jahr 2013 hatte der Verband das Umsatzwachstum im E-Commerce noch auf mehr als 40 Prozent beziffert. Doch im zweiten Quartal dieses Jahres berichtete der bevh überraschend von rückläufigen Umsätzen im Online-Handel. Auch im dritten Quartal erzielten die Internethändler nach seinen Zahlen lediglich ein mageres Plus von einem Prozent.

Berichte über eine spürbare Abschwächung der Zuwächse im Online-Handel spiegeln nicht die Wirklichkeit wieder

Auch das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI geht davon aus, dass im Online-Geschäft Ernüchterung eintritt. „Der Markt ist einfach erwachsener geworden. Die Zeit der gigantischen Wachstumsraten ist erst einmal vorbei ​"​, meint der Leiter des Forschungsbereichs E-Commerce beim EHI, Lars Hofacker. In dieses Szenario passt auch, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zuletzt eine deutlich geringere Wachstumsdynamik bei E-Books beobachtete. Lag die Steigerungsrate für die elektronischen Bücher 2013 noch bei 62,6 Prozent, so sei der Zuwachs in den ersten drei Quartalen 2014 auf ​"​nur ​"​noch 8,7 Prozent zurückgegangen.

Doch unumstritten ist die These von der Wachstumsschwäche im Online-Handel nicht. Für den Handelsexperten Gerd Bovensiepen von der Unternehmensberatung Pricewaterhouse​ ​Coopers (PwC) etwa steht fest: „Der Online-Handel ist nach wie vor der Wachstumsmotor im deutschen Handel.​"​Während der stationäre Handel maximal um 1,5 Prozent wachse, werde der Online-Handel in diesem Jahr um 17 Prozent zulegen.

Auch der E-Commerce-Experte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein ist sicher: „Berichte über eine spürbare Abschwächung der Zuwächse im Online-Handel spiegeln nicht die Wirklichkeit wieder. Sie spiegeln eher den Mangel an verlässlichen Daten.​"​ Er rechnet erst ab 2018 mit einstelligen Zuwachsraten im Online-Handel.

Und Kai Hudetz, der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), sieht ebenfalls keinen Grund für eine Abschwächung des Wachstums. Denn nach wie vor nehme die Zahl der Verbraucher zu, die im Internet einkaufen. Und nicht nur das: „Sie kaufen auch immer öfter und immer mehr ​"​ , meint er. Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet damit, dass der Online-Handel in diesem Jahr im Weihnachtsgeschäft 18 Prozent mehr umsetzen wird als im Vorjahr.

Festzustellen, wer mit seiner Einschätzung Recht hat, ist schwierig. Denn tatsächlich beruhen die Prognosen auf sehr unterschiedlichen Daten und Marktabgrenzungen. Der bevh etwa stützt sich auf die Befragung von Verbrauchern. PwC befragte für seine jüngste Studie zur Entwicklung des Handels 1000 Konsumenten und 100 Handelsunternehmen. IFH und EHI konzentrieren sich bei der Zahlenerhebung mehr auf die Händlerseite, kommen aber dennoch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen.

Dabei ist die Ungewissheit über die Entwicklung des E-Commerce nicht ohne Risiko für den deutschen Handel. Müssen die Händler doch entscheiden, wohin künftige Investitionen fließen: ins stationäre Geschäft oder in den Internet-Auftritt. So warnt Hudetz, der weiterhin hohe Zuwachsraten im Internethandel erwartet: „Die Diskussion über ein Ende des Wachstums im Online-Handel ist sehr gefährlich. Wer sich als stationärer Händler darauf verlässt und sich nicht für weitere Herausforderungen des digitalen Zeitalters rüstet, wird weggespült werden.​"​ ​ (Erich Reimann, dpa)

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